Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Zuge des Urteils 4 L 30/21 OVG LSA
Der Stadtrat der Stadt Hecklingen beschließt,
die Nichtzulassung der Revision bezüglich des Urteils im Verfahren 4 L 30/21 zur Kreisumlage 2018 durch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Breiter Weg 203 – 206, 39104 Magdeburg anzufechten.
Dem Bürgermeister wird aufgegeben, die Einlegung und Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch die Kanzlei Dombert Rechtsanwälte Part mbB zu besorgen.
Die Stadt Hecklingen hat gegen die endgültige
Festsetzung der Kreisumlage für das Kalenderjahr 2018 durch den Salzlandkreis
Klage eingereicht.
In erster Instanz wurde durch das
Verwaltungsgericht zugunsten der Stadt Hecklingen entschieden.
Gegen diese Entscheidung ging der
Salzlandkreis in Berufung und gewann das Verfahren in zweiter Instanz vor dem
Oberverwaltungsgericht. Im Ergebnis des Rechtsstreits steht damit derzeit das
Urteil vom 22.11.2022, welches der Beschlussvorlage als Anlage 1 anhängt.
Im Urteilstenor ist festgelegt, dass
hinsichtlich der Streitsache die Revision nicht zugelassen ist. Hierdurch wäre
der Rechtsstreit beendet, soweit nicht diese Nichtzulassung angefochten wird.
Begründet wird die Nichtzulassung seitens der Kammer damit, dass keiner der
Zulassungsgründe nach § 132 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsordnung
vorliege.
Diese Einschätzung muss jedoch nicht zwingend
geteilt werden.
Die von der Stadt Hecklingen bislang im
Zusammenhang mit der Kreisumlage mandatierte Kanzlei Dombert sieht Ansatzpunkte,
die Zulassung der Revision zu erreichen und empfiehlt dementsprechend die
Einlegung der Nichtzulassungs-beschwerde sowie der Revision (falls es zur
Zulassung kommt).
Begründet wird dies nach erster Auswertung
des Urteils wie folgt (vgl. Anlage 2 zur Beschlussvorlage):
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Mit dem
Urteil des OLG unterliegt die Stadt erstmalig in einem Kreisumlageverfahren.
Dabei wurden im Urteil grundsätzliche Fragen der Wertung der Rechtslage
erstmalig ausgeführt und bewertet. Die im Urteil dargestellte Einschätzung
wirkt sich belastend für die Stadt Hecklingen aus und könnte in die noch
laufenden und auch ggf. zukünftige Kreisumlageverfahren ausstrahlen, sobald das
Urteil rechtskräftig geworden ist. Diese Verfestigung der Rechtsprechung
zulasten der kreisangehörigen Kommunen sollte möglichst vermieden werden.
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Die
Datenerhebung sei nach Auffassung des Gerichtes schon dadurch hinreichend
aktuell, dass eine Abfrage der Daten vor Beschlussfassung über die
Nachtragshaushaltssatzung des Kreises stattgefunden hat. Diese Auffassung teilt
die Kanzlei Dombert nicht.
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Im
Rahmen der Nachtragshaushaltssatzung hätte nach Ausführungen im Rahmen der
mündlichen Verhandlung auch eine Änderung des Kreisumlagesatzes (zumindest in
Form einer Senkung) erfolgen können. Dass dies nicht geschehen ist, erkennt das
Gericht aber nicht als Indiz für eine einseitige Abwägung an und begründet dies
lediglich damit, dass es eben keine weiteren Voraussetzungen für die
Aufstellung eines Nachtragshaushaltssatzes nach § 103 Abs. 1 S. 1 KVG LSA gäbe.
In der Konsequenz der Beibehaltung des Umlagesatzes dürfte sich aber der durch
den Kreis in der ursprünglichen Abwägung als hinnehmbar festgestellte
Jahresfehlbetrag reduziert haben, während die Belastung der kreisangehörigen
Kommunen unverändert bleibt. Dadurch müsste nach verständiger Würdigung des
Abwägungsgedankens die Abwägung zugunsten des Kreises kippen.
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Nach dem
Urteil sei der Finanzbedarf der Gemeinden hinreichend ermittelt und abgebildet
worden. Diese Einschätzung wird durch die Kanzlei Dombert nach wie vor nicht
geteilt.
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Im
Urteil weist das Gericht darauf hin, dass der Kreisumlagesatz im Sinne des § 99
(3) KVG LSA seine Grenze an der finanziellen Leistungsfähigkeit der
zahlungspflichtigen Gemeinde finden muss. Ob dies eingehalten wurde wird jedoch
nicht ausdrücklich beleuchtet.
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Das
Gericht hält die finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden nicht für
unterschritten, hat dazu aber Kriterien konkretisiert, wann von einem
strukturellen Defizit auszugehen ist. Die Konkretisierung benennt einen
9-Jahres-Zeitraum, lässt dabei aber offen, wie dieser Zeitraum um das
eigentliche Planjahr anzuordnen ist.
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Rein in
der Unauskömmlichkeit der finanziellen Ausstattung der Stadt Hecklingen in 2018
sieht das Gericht eben keine Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie und hat
diesen Punkt deshalb nicht detailliert beleuchtet. Selbst wenn eine Gemeinde
aufgrund dauerhafter Unterschreitung der Mindestausstattung den Umlagesatz
nicht leisten könne, wären in gesonderten Verwaltungsverfahren nach der
Kreisumlagebescheidung die Möglichkeiten auf Stundungen und/oder (Teil-)Erlasse
der Umlageforderungen zu prüfen. Diesbezüglich wurden keine Verfahren
angestrengt. Hiervon dürfte aber nur für einen geringen Anteil der
kreisangehörigen Gemeinden Gebrauch gemacht werden, da sonst der festgelegte
Kreisumlagesatz als strukturell zu hoch eingeschätzt werden könnte. Das Gericht
gibt hier den Hinweis, dass der Kreisumlagesatz rechtswidrig sei, wenn
mindestens ¼ der kreisangehörigen Gemeinden nicht in der Lage wären, die
Kreisumlage zu leisten, ohne in die finanzielle Mindestausstattung der
Gemeinden einzugreifen. Dies scheint zumindest in 2018 nicht der Fall gewesen
zu sein. Fraglich bleibt jedoch, ob diese Schranke scharf genug ist um eine
Überbeanspruchung der kreisangehörigen Gemeinden abzuwehren.
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Es
entspräche nicht der bisherigen Prozesshandlung auch in noch laufenden
Verfahren, nicht jedes Rechtsmittel auszuschöpfen. Um konsequent zu handeln,
müsste der Rechtsweg bis zum Ende ausgeschöpft werden.
Demgegenüber gehen folgende Aspekte in die
Abwägung ein:
- Der § 133 Absatz 3 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung regelt die Gründe für eine Zulassung der Revision abschließend.
o Grundsatzrüge
Fraglich ist, ob die entschiedene Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Dies könnte aufgrund der neuen Auslegungen und Konkretisierung bisheriger Auslegungen von unbestimmten Rechtsbegriffen im Rahmen des Urteils gegeben sein. Hierbei muss die Entscheidung nach gerichtlicher Würdigung im allgemeinen Interesse liegen.
o Divergenzrüge
Fraglich ist dabei, ob die Rechtsprechung des OVG von bisheriger Rechtsprechung des Gerichtes abweicht. Dies ist nach Einschätzung der Verwaltung nicht der Fall. Die bisher zugunsten der Stadt ausgefallene Entscheidung in zweiter Instanz (Kreisumlage 2017) betrachtete ein grundsätzlich abweichendes Abwägungsverfahren
o Verfahrensrüge
Fraglich ist dabei, ob im gerichtlichen Verfahren Verfahrensmängel aufgetreten sind. Dies wäre eventuell bei der Festlegung der ¼-Quote im Zusammenhang mit der kommunalen Selbstverwaltung gegeben. Der Ansatz erscheint aber weit hergeholt.
- Die prozessualen Kosten müssen im Falle einer Niederlage durch die Stadt selbst getragen werden und belasten aufgrund einer bereits ausgeschöpften Deckungszusage seitens der Versicherung den städtischen Haushalt direkt. Im Falle des (nach Einschätzung der Verwaltungsleitung unwahrscheinlichen) Erfolges wären die Prozesskosten durch den Salzlandkreis zu tragen.
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Bislang
konnte zur möglichen Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde leider keine
weitere Rücksprache mit der Kanzlei gehalten werden.
Zur Skizzierung des bislang bekannten Stimmungsbildes in Nachbarkommunen ist ein Artikel der Volksstimme vom 27.12.2022 als Anlage 3 zur Beschlussvorlage beigefügt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre bis zum 19.01.2023 bei Gericht einzureichen und könnte, sofern dies nicht bei Einreichung möglich ist, im Nachhinein begründet werden.
Wegen des Grundsatzes zur positiven Beschlussfassung formuliert die Verwaltung den vorlagegenständlichen Beschlussvorschlag.
1 – Urteil 4 L 30/21
2 – Anschreiben RAe Dombert
3 – Artikel Volksstimme vom 27.12.2022