Betreff
Rechtsangelegenheit - Kreisumlage 2018
Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Zuge des Urteils 4 L 30/21 OVG LSA
Vorlage
390/23
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Der Stadtrat der Stadt Hecklingen beschließt,

die Nichtzulassung der Revision bezüglich des Urteils im Verfahren 4 L 30/21 zur Kreisumlage 2018 durch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Breiter Weg 203 – 206, 39104 Magdeburg anzufechten.

 

Dem Bürgermeister wird aufgegeben, die Einlegung und Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch die Kanzlei Dombert Rechtsanwälte Part mbB zu besorgen.

               


Die Stadt Hecklingen hat gegen die endgültige Festsetzung der Kreisumlage für das Kalenderjahr 2018 durch den Salzlandkreis Klage eingereicht.

In erster Instanz wurde durch das Verwaltungsgericht zugunsten der Stadt Hecklingen entschieden.

Gegen diese Entscheidung ging der Salzlandkreis in Berufung und gewann das Verfahren in zweiter Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht. Im Ergebnis des Rechtsstreits steht damit derzeit das Urteil vom 22.11.2022, welches der Beschlussvorlage als Anlage 1 anhängt.

Im Urteilstenor ist festgelegt, dass hinsichtlich der Streitsache die Revision nicht zugelassen ist. Hierdurch wäre der Rechtsstreit beendet, soweit nicht diese Nichtzulassung angefochten wird. Begründet wird die Nichtzulassung seitens der Kammer damit, dass keiner der Zulassungsgründe nach § 132 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsordnung vorliege.

Diese Einschätzung muss jedoch nicht zwingend geteilt werden.

Die von der Stadt Hecklingen bislang im Zusammenhang mit der Kreisumlage mandatierte Kanzlei Dombert sieht Ansatzpunkte, die Zulassung der Revision zu erreichen und empfiehlt dementsprechend die Einlegung der Nichtzulassungs-beschwerde sowie der Revision (falls es zur Zulassung kommt).

Begründet wird dies nach erster Auswertung des Urteils wie folgt (vgl. Anlage 2 zur Beschlussvorlage):

-       Mit dem Urteil des OLG unterliegt die Stadt erstmalig in einem Kreisumlageverfahren. Dabei wurden im Urteil grundsätzliche Fragen der Wertung der Rechtslage erstmalig ausgeführt und bewertet. Die im Urteil dargestellte Einschätzung wirkt sich belastend für die Stadt Hecklingen aus und könnte in die noch laufenden und auch ggf. zukünftige Kreisumlageverfahren ausstrahlen, sobald das Urteil rechtskräftig geworden ist. Diese Verfestigung der Rechtsprechung zulasten der kreisangehörigen Kommunen sollte möglichst vermieden werden.

-       Die Datenerhebung sei nach Auffassung des Gerichtes schon dadurch hinreichend aktuell, dass eine Abfrage der Daten vor Beschlussfassung über die Nachtragshaushaltssatzung des Kreises stattgefunden hat. Diese Auffassung teilt die Kanzlei Dombert nicht.

-       Im Rahmen der Nachtragshaushaltssatzung hätte nach Ausführungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch eine Änderung des Kreisumlagesatzes (zumindest in Form einer Senkung) erfolgen können. Dass dies nicht geschehen ist, erkennt das Gericht aber nicht als Indiz für eine einseitige Abwägung an und begründet dies lediglich damit, dass es eben keine weiteren Voraussetzungen für die Aufstellung eines Nachtragshaushaltssatzes nach § 103 Abs. 1 S. 1 KVG LSA gäbe. In der Konsequenz der Beibehaltung des Umlagesatzes dürfte sich aber der durch den Kreis in der ursprünglichen Abwägung als hinnehmbar festgestellte Jahresfehlbetrag reduziert haben, während die Belastung der kreisangehörigen Kommunen unverändert bleibt. Dadurch müsste nach verständiger Würdigung des Abwägungsgedankens die Abwägung zugunsten des Kreises kippen.

-       Nach dem Urteil sei der Finanzbedarf der Gemeinden hinreichend ermittelt und abgebildet worden. Diese Einschätzung wird durch die Kanzlei Dombert nach wie vor nicht geteilt.

-       Im Urteil weist das Gericht darauf hin, dass der Kreisumlagesatz im Sinne des § 99 (3) KVG LSA seine Grenze an der finanziellen Leistungsfähigkeit der zahlungspflichtigen Gemeinde finden muss. Ob dies eingehalten wurde wird jedoch nicht ausdrücklich beleuchtet.

-       Das Gericht hält die finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden nicht für unterschritten, hat dazu aber Kriterien konkretisiert, wann von einem strukturellen Defizit auszugehen ist. Die Konkretisierung benennt einen 9-Jahres-Zeitraum, lässt dabei aber offen, wie dieser Zeitraum um das eigentliche Planjahr anzuordnen ist.

-       Rein in der Unauskömmlichkeit der finanziellen Ausstattung der Stadt Hecklingen in 2018 sieht das Gericht eben keine Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie und hat diesen Punkt deshalb nicht detailliert beleuchtet. Selbst wenn eine Gemeinde aufgrund dauerhafter Unterschreitung der Mindestausstattung den Umlagesatz nicht leisten könne, wären in gesonderten Verwaltungsverfahren nach der Kreisumlagebescheidung die Möglichkeiten auf Stundungen und/oder (Teil-)Erlasse der Umlageforderungen zu prüfen. Diesbezüglich wurden keine Verfahren angestrengt. Hiervon dürfte aber nur für einen geringen Anteil der kreisangehörigen Gemeinden Gebrauch gemacht werden, da sonst der festgelegte Kreisumlagesatz als strukturell zu hoch eingeschätzt werden könnte. Das Gericht gibt hier den Hinweis, dass der Kreisumlagesatz rechtswidrig sei, wenn mindestens ¼ der kreisangehörigen Gemeinden nicht in der Lage wären, die Kreisumlage zu leisten, ohne in die finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden einzugreifen. Dies scheint zumindest in 2018 nicht der Fall gewesen zu sein. Fraglich bleibt jedoch, ob diese Schranke scharf genug ist um eine Überbeanspruchung der kreisangehörigen Gemeinden abzuwehren.

-       Es entspräche nicht der bisherigen Prozesshandlung auch in noch laufenden Verfahren, nicht jedes Rechtsmittel auszuschöpfen. Um konsequent zu handeln, müsste der Rechtsweg bis zum Ende ausgeschöpft werden.

Demgegenüber gehen folgende Aspekte in die Abwägung ein:

-       Der § 133 Absatz 3 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung regelt die Gründe für eine Zulassung der Revision abschließend.

o   Grundsatzrüge

Fraglich ist, ob die entschiedene Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Dies könnte aufgrund der neuen Auslegungen und Konkretisierung bisheriger Auslegungen von unbestimmten Rechtsbegriffen im Rahmen des Urteils gegeben sein. Hierbei muss die Entscheidung nach gerichtlicher Würdigung im allgemeinen Interesse liegen.

o   Divergenzrüge

Fraglich ist dabei, ob die Rechtsprechung des OVG von bisheriger Rechtsprechung des Gerichtes abweicht. Dies ist nach Einschätzung der Verwaltung nicht der Fall. Die bisher zugunsten der Stadt ausgefallene Entscheidung in zweiter Instanz (Kreisumlage 2017) betrachtete ein grundsätzlich abweichendes Abwägungsverfahren

o   Verfahrensrüge

Fraglich ist dabei, ob im gerichtlichen Verfahren Verfahrensmängel aufgetreten sind. Dies wäre eventuell bei der Festlegung der ¼-Quote im Zusammenhang mit der kommunalen Selbstverwaltung gegeben. Der Ansatz erscheint aber weit hergeholt.

-       Die prozessualen Kosten müssen im Falle einer Niederlage durch die Stadt selbst getragen werden und belasten aufgrund einer bereits ausgeschöpften Deckungszusage seitens der Versicherung den städtischen Haushalt direkt. Im Falle des (nach Einschätzung der Verwaltungsleitung unwahrscheinlichen) Erfolges wären die Prozesskosten durch den Salzlandkreis zu tragen.

-       Bislang konnte zur möglichen Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde leider keine weitere Rücksprache mit der Kanzlei gehalten werden.

Zur Skizzierung des bislang bekannten Stimmungsbildes in Nachbarkommunen ist ein Artikel der Volksstimme vom 27.12.2022 als Anlage 3 zur Beschlussvorlage beigefügt.

Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre bis zum 19.01.2023 bei Gericht einzureichen und könnte, sofern dies nicht bei Einreichung möglich ist, im Nachhinein begründet werden.

Wegen des Grundsatzes zur positiven Beschlussfassung formuliert die Verwaltung den vorlagegenständlichen Beschlussvorschlag.

 


 Keine finanziellen Auswirkungen

  Finanzielle Auswirkungen

               

Haushaltsjahr

 

Produkt

 

Sachkonto

 

Maßnahme

 

Planansatz/Entwurf

 

Gesamt

 

 

 


1 – Urteil 4 L 30/21

2 – Anschreiben RAe Dombert

3 – Artikel Volksstimme vom 27.12.2022